Das neue Familienzulagegesetz – aus der Optik der Arbeitgeber

Am 1. Januar 2009 wird das neue Familienzulagengesetz des Bundes in Kraft treten. Wie hinlänglich bekannt ist, lehnte die Wirtschaft das Gesetz als 27. Kinderzulagen-Ordnung in der Schweiz – daneben gelten nämlich die bisherigen 26 kantonalen Ordnungen weiter – ab. Leider fand ihre Position jedoch in der Referendumsabstimmung keine Mehrheit. Für die Arbeitgeber bedeutet das Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes nicht nur eine finanzielle Mehrbelastung; seine Umsetzung ist auch mit Einschränkungen und Unsicherheiten verbunden.

Erhöhung der Kinderzulagen – höhere Kosten für die Arbeitgeber

Nach dem neuen Familienzulagengesetz (FamZG) steht Arbeitnehmenden (Art. 5) sowie Nichterwerbstätigen mit bescheidenem Einkommen (Art. 19) in allen Kantonen eine Kinderzulage von mindestens 200 Franken für jedes Kind bis 16 Jahre und eine Ausbildungszulage von mindestens 250 Franken für Kinder von 16 bis 25 Jahren zu. Auch bei Teilzeitarbeit gibt es die vollen Zulagen. Diese Regelung führt für die Arbeitgeber zu
höheren Lohnnebenkosten. Die geschätzten Mehrkosten belaufen sich für die Wirtschaft auf rund 700 Mio. Franken und für die Steuerzahlenden/Kantone auf rund 200 Mio. Franken. Angesichts der unbewältigten Finanzierungsprobleme und damit geplanten Mehrausgaben in der AHV, IV, ALV etc. ein höchst unerfreuliches Ergebnis.

Keine Befreiung von der FAK-Unterstellung mehr möglich

In einigen Kantonen war es bis anhin möglich, sich von der Unterstellung unter das kantonale Kinderzulagengesetz befreien zu lassen. Voraussetzung hiezu war die Geltung eines Gesamtarbeitsvertrages mit gleichwertigen Regelungen über Familienzulagen. Die GAVunterstellten Arbeitgeber konnten vom Anschluss an eine Familienausgleichskasse (FAK) befreit werden
und mussten so keine FAK-Beiträge entrichten. Im Gegenzug bezahlten sie die Kinderzulagen mindestens in der gesetzlichen Höhe direkt aus. Da die FAK-Beiträge oftmals höher lagen als die Direktzahlungen und eine FAK-Befreiung inskünftig nicht mehr möglich sein wird, führt die neue Regelung für die betroffenen Arbeitgeber zu weiteren, unerfreulichen Mehrkosten. Überdies wurde durch diese Elimination der FAK-Befreiungsmöglichkeit die Bedeutung des GAV und damit der Sozialpartnerschaft unnötig herabgemindert.

Komplexes Nebeneinander verschiedener Gesetze

Das neue System führt zu einem komplexen Nebeneinander verschiedener Gesetze, was der Verständlichkeit und Transparenz abträglich ist und detaillierte Regelungen zur Anspruchskonkurrenz zur Folge hat (Art. 7). Das Familienzulagenregime war bereits bisher kompliziert. Durch die Einführung einer 27. Familienzulagenordnung wird diese Komplexität zusätzlich verstärkt.

Keine Kontrolle beim verbotenen Doppelbezug

Mehr als zwei Drittel aller Frauen in unserem Land sind erwerbstätig – oft in einem Teilpensum. Gestützt auf das FamZG besteht neu bereits bei einem kleinsten Arbeitspensum Anspruch auf ganze Zulagen (Art. 13). Damit haben in sehr vielen Fällen sowohl der Vater als auch die Mutter die Möglichkeit, ganze Zulagen zu beziehen. Es besteht die Gefahr, dass für dasselbe Kind zweifach Zulagen geltend gemacht werden (obwohl der Doppelbezug nach Art. 6 verboten ist), da keine Gesetzes- oder Verordnungsbestimmungen bestehen, die eine systematische und wirksame Kontrolle allfälliger Doppelbezüge zu verhindern helfen.

Vor diesem Hintergrund ist es dringend notwendig, eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage zur Errichtung eines zentralen Kinder- und Bezügerregisters zu schaffen und dieses Register so schnell als möglich zu realisieren, nachdem das Bundesamt für Sozialversicherungen Art. 27 FamZG für diesen Zweck als nicht ausreichend beurteilt hat. Nur mit der Schaffung dieses Instruments können die Durchführungsstellen Gewähr bieten, dass einem allfälligen Bezugsmissbrauch (häufig ist es auch nur ein schlichtes Nichtwissen) wirkungsvoll begegnet werden kann.

Fazit

Die Arbeitgeber sind über die Einführung des Familienzulagengesetzes keineswegs glücklich. Nicht nur belasten
damit verbundene Mehrkosten den Faktor Arbeit einmal mehr, obwohl wir– wie eine kürzlich publizierte Studie des Bundesamtes für Statistik einmal mehr bestätigte– bereits die höchsten Arbeitskosten pro Stunde in Europa haben. Vielmehr verunmöglicht der Bundesgesetzgeber zusätzlich unnötigerweise eine Systemvielfalt, welche sich bisher bewährt und die Sozialpartnerschaft gestärkt hat (FAK-Befreiung bei GAV-Regelung). Schliesslich fördern fehlende Kontrollmittel (Kinder- und Bezügerregister) die Gefahr von Doppelbezügen– hier ist dringender Handlungsbedarf angesagt!